Sonntag, 5. Juli 2015

"Lest um zu leben."



In einem Schaufenster eines kleinen Buchladens in Frankfurt gefunden, der leider Inzolvenz anmelden musste. Hat wohl leider nicht geklappt mit dem Leben durch Lesen....

Eleanor & Park

Eleanor & Park
von Rainbow Rowell
Hanser, 368 Seiten

August 1986:

Eleanor & Park
Eleanor ist pummelig, hat leuchtend rote Haare, trägt weite Männerklamotten und auffällige Bänder und Spangen im Haar. Als sie am ersten Schultag an der neuen Schule in den Bus steigt, wird sie von jedem komisch angesehen und niemand will sie neben sich sitzen lassen.
Nur Park macht ihr höchst widerwillig Platz. Park ist Halb-Koreaner, kommt aus der Mittelschicht und in der Schule auch nicht besonders beliebt, allerdings wird er in Ruhe gelassen, da sein Vater Soldat im Iran war, was der Familie Respekt gewonnen hat. Eleanor und Park verbringen nun gezwungermaßen ihre Zeit vor und nach der Schule miteinander und Eleanor fängt irgendwann an, in Parks Comics mitzulesen und bald teilen sie nicht nur die Comics, sondern auch Musik, Gedanken und Meinungen miteinander.
Ganz langsam entwickelt sich eine zarte Liebe, zunächst nur im Verborgenen.

Denn Eleanors familiäre Situation ist ziemlich schwierig: Sie muss sich mit vier Geschwistern ein Zimmer teilen und nachts mit anhören, wie ihre Mutter weint und sich von Eleanors trinkenden Stiefvater schlagen und anschreien lässt. Eleanor versucht ihre Gefühle für Park vor ihrem Stiefvater zu verstecken, damit er ihr nicht auch noch die nehmen kann. Er ist ihr Geheimnis, das sie dem traurigen Alltag entfliehen lässt.
Auch in der Schule wird Eleanor von einem fiesen Mädchen gemobbt, was sie aber auch vor ihrer Mutter und auch Park verheimlicht, damit sie sich nicht noch mehr Sorgen machen. Die Geschichte wird in kurzen Sätzen, die sehr bedacht gewählt wirken, und abwechselnd aus Parks und aus Eleanors Sicht erzählt.

Die Liebesgeschichte baut sich ganz langsam aber sehr intensiv auf. Die beiden hüpfen nicht direkt ins Bett, sondern sind schon froh, wenn sie bloß die Hand des anderen halten können.
Es sind zwei wunderbare, sehr besondere Charaktere! Eleanor fällt mit ihrem Aussehen sehr auf, wird dadurch zur Zielscheibe von Mobbing, lässt sich dadurch allerdings nicht verändern, klein machen. Sie versucht, alles alleine durchzustehen und ist ein wirklich starkes Mädchen. Sie versucht die negativen Dinge nicht an sich heran zu lassen und ein so normales Leben wie möglich zu führen, ohne irgendjemandem zur Last zu fallen. Sie ist eine stille Einzelkämpferin
Und Park sieht so viel mehr in ihr als nur die merkwürdige Erscheinung und das ist wirklich sehr berührend. Ein Gedanke von ihm lautet:
„Sie sah aus wie ein Kunstwerk und Kunst musste nicht schön sein.“.
Man wünscht sich dass es auf der Welt für jede Eleanor einen Park gibt!

Das Buch beinhaltet zudem eine gewisse Gesellschaftskritik, behandelt wird Mobbing in Schulen, bei dem die Betroffenen schweigen und die Lehrer nichts unternehmen und auch häusliche Gewalt, die von den Nachbarn unbemerkt bleibt.
Es ist ein ruhiges, nachdenkliches Buch, eine Liebesgeschichte zwischen zwei Außenseitern, die nur einander vertrauen können Ich empfehle es für Mädchen ab 14 Jahren, für Leser von John Green, Stephen Chbosky oder Julie Leuze. Für Jungs ist es eher weniger geeignet. 

5 von 5 Herzchen

Der Märchenerzähler - Rezension

Der Märchenerzähler
Der Märchenerzählervon Antonia Michaelis 
Oetinger Verlag, 446 Seiten

Inhaltsangabe vom Verlag: Abel Tannatek ist ein Außenseiter, ein Schulschwänzer und Drogendealer. Wider besseren Wissens verliebt Anna sich rettungslos in ihn. Denn es gibt noch einen anderen Abel: den sanften, traurigen Jungen, der für seine Schwester sorgt und der ein Märchen erzählt, das Anna tief berührt. Doch die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Was, wenn das Märchen gar kein Märchen ist, sondern grausame Wirklichkeit? Was, wenn Annas schlimmste Befürchtungen wahr werden?

"Der Märchenerzähler" von Antonia Michaelis ist ein Buch, welches in kein festes Genre zu passen scheint. Es ist eine Liebesgeschichte, ein Thriller und ein Märchen in einem.
Es gibt zwei parallele Handlungsstänge. Der eine wird von der 17-jährigen Anna erzählt und spielt in Greifswald im Februar. Sie erzählt die Liebesgeschichte zu Abel, die unter keinem guten Stern zu stehen scheint. Anna kommt nur ganz langsam an Abel heran und lüftet immer mehr Geheimnisse um seine Familie und seine Vergangenheit.
Der zweite Erzählstrang ist das Märchen, welches Abel Anna und seiner kleinen Schwester Micha erzählt. Die drei flüchten sich in die "heile Welt" des Märchens und doch entstehen immer mehr Parallelen zwischen dem Märchen und der realen Welt und man kann sich nicht sicher sein, was real ist und was nur erfunden.
Bis zum Schluss fragt sich der Leser, was wirklich vorgefallen ist und kann einfach nicht aufhören zu lesen.

Michaelis benutzt eine unglaublich schöne, bildhafte Sprache um die kalte, düstere Atmosphäre aufzubauen. Man scheint in die Geschichte hineingezogen zu werden und den Schnee schmecken und fühlen zu können.
Es werden eine Menge Themen angesprochen, neben Freundschaft und Liebe auch die Frage nach Moral und Verantwortung, sowie Vertrauen, Vorurteilen und Vergebung.
Es kommen zudem einige Tabuthemen in dem Buch vor. Neben Mordfällen und versuchten Mord,  Vergewaltigung und Koma, geht es auch um Prostitution und Drogen. Ich habe selten ein so vielfältiges Buch gelesen.
Die Geschichte um Anna, Abel und Micha ist seltsam berührend und lässt einen so schnell nicht wieder los.
Eine grausam schöne Geschichte zum Drin-Versinken.

5 von 5 Herzchen